Gedanken zum 13. August


Es ist sicher schwer, sich vorzustellen, wie das war, im ausgehenden Jahr 1934 und dann 1935.

Ich denke, dass die Menschen vielleicht merkten, dass die bürgerkriegsähnlichen Unruhen aufgehört hatten, das Gezänk zwischen den politischen Lagern. Gleichzeitig gab es womöglich ein gesteigertes Selbstbewusstsein angesichts ständiger inszenierter Massenaufmärsche – so nach der Art „schaut her, wir sind wieder wer!“

In dieser Zeit lebt unser Meister, er hat gerade eine Kirche neu geschaffen und eine Stadt gegründet.

Er sieht, was geschieht. Was tut er? Oder fangen wir mal anders an: Was tut er nicht?

  • Er schweigt nicht
  • Er verkrümelt sich nicht
  • Er biedert sich nicht an
  • Er passt sich nicht die neuen Verhältnisse an
  • Er kollaboriert nicht
  • Er zettelt keine Revolution an
  • Er plant keinen Feldzug
  • Er plant keine Intrige

Er schreibt einen Brief. Er weiß sicher, dass es gefährlich ist, das zu tun. Er tut das irgendwie allein. Also, ich meine er sagt nicht „Herr Hitler, meine 100.000 Anhänger und ich finden …“ – nein, er schreibt qusi als Privatmann allein.

Gedanken wie wir uns in der damaligen, mittlerweile an die 80 Jahre zurückliegenden Zeit verhalten hätten sollen hier nicht weiter erörtert werden. Wohl aber: was tun wir heute, wenn es irgendwo in unserem Leben gewaltig stinkt (Arbeitsplatz, Kollegen, Freunde, Verwandte, Alttagssituationen, ..) ?

Wir sehen, dass etwas wirklich böse schief läuft – und was tun wir? Reden wir mit unserem Boss Auge in Auge oder doch lieber mit dem Kollegen über den Boss? Oder amüsieren wir uns mit den Anderen mit, wenn da mal einer so richtig rundgemacht wird?

Und wie verhalten wir uns, wenn wir wissen, dass es uns richtig ans Leder gehn kann: sind wir schön stille oder machen wir unseren Mund auf? Suchen wir erstmal Bundesgenossen oder machen wir unser Verhalten davon unabhängig?

Wie oft höre ich: Der Einzelne kann so sowieso nichts tun. Es bingt gar nichts, wenn ein Einzelner sich outed. Die Anderen müssten …

Joseph Weissenberg tat anders. Er hat einen Brief geschrieben, wo letztlich einfach ein paar sachliche Fakten drinstanden, keine Anklagen. Einfach nur das Aufzeigen der Konsequenzen, wenn man linksrum oder rechtsrum geht. Die Konsequenzen, die dann so eingetreten sind, wie wir heute wissen. Der Meister wusste es vorher und hat nicht geschwiegen.

Woran liegt es, dass wir uns nicht so verhalten? Ich denke, der Meister konnte gar nicht anders. Zu stark war sein Glaube. Er musste einfach so handeln, es ging überhaupt nicht anders für ihn.

Und warum tun wir anders? Wohl zu schwach ist unser Glaube. Allzu oft denken wir darüber nach, welche möglicherweise negativen Konsequenzen unser Handeln für uns haben könnte anstatt ohne groß nachzudenken für die Sache Gottes zu kämpfen.

Die Wahrnehmung, dass es Dinge in unserem Leben gibt, die zum Himmel schreien, war nicht nur dem Meister gegeben, sondern auch vielen von uns. Nur – welche Motive und Antriebe stehen -nachdem wir wahrgenommen – haben im Vordergrund?

  • Das wahrgenommene Übel im Sinne Gottes angehen und wenig an sich selber denken dabei
  • Wie mach ich’s, dass ich möglichst ungeschoren bleibe oder gar noch davon profitiere und wenn sich das nicht im richtigen Verhältnis befindet mach ich vielleicht besser nichts

Anders kann ich es mir nicht erklären.

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